Kann man Kunst essen ?
28. 4. - 11. 6. 2000
mit 18 Künstlerinnen und Künstlern K
u r a t o r i n
Anna von B a s s e n
PRESSE
TAGESSPIEGEL
Freitag, 28. April 2000 / Nr. 17036
Hier dürfen Besucher zubeißen
Spandauer Zitadelle zeigt essbare Skulpturen
und künstlerische Mahlzeiten
Spandau. Von den Besuchern wird ein Teil der Ausstellung
regelmäßig vernichtet. Doch die Künstler
sind über die Zerstörung der Unikate nicht
böse, sondern sorgen ständig für Nachschub.
"Kann man Kunst essen?", ist der Titel einer
Ausstellung, die gestern Abend auf der Bastion Kronprinz
der Zitadelle eröffnet wurde. Eine Frage, die
für einige Bereiche mit einem klaren ja beantwortet
werden kann. Täglich frische Kleinskulpturen
aus Kartoffeln, Brot and Käse hält die Berlinerin
Uli Hamprecht für hungrige Gäste bereit.
Auch an dem mit Weizen, Kresse und Linsen bepflanzten
Tisch von Verena Kyselka aus Potsdam darf zugegriffen
werden. Schließlich heißt das Werk "Il
tavolo è preparato". Bei den Marzipan-Pralinen
von Bettina Bätz aus Wiesenbach dürfte dagegen
manchem der Bissen im Halse stecken bleiben. Sie sind
blutigen Tampons nachempfunden.
Der Titel der Ausstellung ist "ironisch-provokativ"
gemeint und soll zum Nachdenken über den Stellenwert
der Kunst anregen, sagt Initiatorin Anna von Bassen.
Die mit ihrem Atelier auf der Zitadelle ansässige
Malerin hat 18 Künstler aus ganz Deutschland
gebeten, ihre Gedanken zu diesem Thema umzusetzen.
Ihr eigenes Werk ist auf der Wiese über den Ausstellungsräumen
noch im Wachsen. Umgeben von rötlichen Kieseln
sollen hier die Worte "Kann man Kunst essen?"
als Gras aus dem Boden wachsen. Schafe werden hier
am 21. Mai 2000, um 11 Uhr, im Rahmen eines "Land-Art-Happenings"
den Beweis erbringen.
Doch nicht alle Werke sind leicht verdaulich. So
besteht der bunte Spaghetti-Haufen von Peter Stückenschneider
(Berlin) aus Acrylfarbe-Schlangen. Frank Schubert
(Frankfurt/Main) präsentiert in einigen hundert
geöffneten Miesmuschel-Schalen mit Miniaturfiguren
Szenen aus dem Leben. Das "Dinner for Sixteen"
von Helene und Joachim Tschacher aus Mainburg besteht
aus 16 Tischen mit grünen, überdimensionalen
Pappschachteln und Bechern, wie sie in Fastfood-Restaurants
üblich sind.
Die Berlinerin Natalie Deseke lässt aus einem
von zwei Gugelhupfformen
gekrönten Sockel Konversationen verschiedener
Pärchen in "Mmh"-Lauten ertönen.
Und Sigismund Urban hat auf Trödelmärkten
knapp 200 Fotos essender Menschen aus der Zeit zwischen
den Jahren 1910 und 1970 zusammengetragen.

Spandauer Volksblatt
7. Juni 2000
Ausstellung rund um das Essen
Mit einem Land-Art-Happening bewies Anna von Bassen,
dass Kunst gut verdaulich ist. Auf der Wiese oberhalb
der Bastion Kronprinz führte sie sieben Schafe
auf ihr Werk - die mit Gräsern und Kräutern
ausgesäte Frage: "Kann man Kunst essen?"
Die Frage ist gleichzeitig der Titel der Ausstellung
von 18 Künstlern, die in den darunter liegenden
Räumen schwerer Verdauliches zeigen.
Idyllisch: Die auf dem Kunstwerk grasenden Schafe,
das gespannte und entspannte Szenepublikum und die
Klänge der House Swing Band. Nicht ganz so idyllisch
präsentieren sich die Werke von Künstler
aus ganz Deutschland in der Bastion Kronprinz. Anna
von Bassen, selbst auf der Zitadelle mit einem Atelier
ansässig, forderte bundesweit Künstler auf,
ihre Sichtweise zu "Kunst und Essen" darzustellen.
Marzipan-Liebhabem wird der Appetit vergehen, wenn
sie am Eingang der Ausstellungsräume sehen, wie
"blutige Tampons" aus der Masse entstanden
sind. Der bei Ausstellungsbeginn mit Weizen und Kräutern
saftig grün "gedeckte Tisch" ist inzwischen
verdorrt, doch die mit Kukuma bestreute Bodenfläche
leuchtet, je nach Lichteinfall, noch in intensivsten
Gelbtönen. Frische Wurst- und Käsescheiben
hängen auf einer Leine und auf mehreren Säulen
lädt die Künstlerin zum Essen von spiralförmig
geschnittenem Brot oder Pellkartoffeln ein. Anregendes
und Abstoßendes zum Thema Essen wird von vier
Ausstellern per Video-, Klang- und Fotoinstallationen
geboten. Es faszinieren die über 600 mit winzigen
Figürchen gefüllten Miesmuschelschalen,
die jede für sich eine Szene des Lebens zeigt.
gs
Land Art Happening auf der Zitadelle. Sieben Schafe
fraßen sich an Kunst satt |